Keine Zerschlagung und weitere Privatisierung der Berliner S-Bahn!

Unter der Federführung der grünen Verkehrssenatorin Regine Günther hat der Senat die Zerteilung und Ausschreibung der S-Bahn beschlossen. Auch die Stadtbahnstrecke nach Spandau soll neu vergeben werden. Aber noch können wir ein Desaster verhindern

Die S-Bahn ist das Rückgrat des Berliner Nahverkehrs, sie befördert jedes Jahr fast 500 Millionen Menschen. Eine ökologische Verkehrswende kann nur gelingen, wenn das S-Bahn-Netz weiter ausgebaut wird. Für die Anbindung von Spandau ist die S-Bahn bereits jetzt zentral, weitere Strecken sind notwendig.

Aber dieses einzigartige Verkehrsnetz ist in Gefahr: Im Juni hat der Senat die Nord-Süd-Strecke und die Stadtbahn, die in Ost-West-Richtung durch Berlin fährt, ausgeschrieben. Die Fahrzeuginstandhaltung ist zusätzlich nochmal getrennt im Angebot. Im Bietverfahren geht es um 8 Milliarden Euro und den Betrieb für 30 Jahre.

Im Jahr 2012 erreichte der Widerstand in der Bevölkerung bei der Ausschreibung der Ringbahn, dass der Ring wieder an die S-Bahn-Berlin GmbH der Deutschen Bahn vergeben wurde. Diesmal setzt die grüne Verkehrssenatorin Günther alles daran, die Vergabe an verschiedene Bieter durchzusetzen: Das Land Berlin baut eine neue Werkstatt und schafft Züge an, die dann an die neuen Betreiber vermietet werden. Argumentiert wird mit dem neoliberalen Glaubenssatz vom heilsbringenden „Wettbewerb“ – dabei handelt es sich in Wahrheit um die zeitlich befristete Vergabe eines Monopols. In der Geschichte ist noch kein Fall bekannt, wo ein solches Vorgehen vorteilhaft für die öffentliche Hand war.

Denn durch die Vergabe an private Unternehmen werden Profite in der öffentlichen Daseinsvorsorge privatisiert. Kein Unternehmen bewirbt sich auf eine öffentliche Ausschreibung, wenn es nicht daran verdient. Weil durch die Aufteilung der Betrieb aufwendiger wird, werden Gewinne hauptsächlich auf Kosten der Beschäftigten möglich sein. Schlechtere Arbeitsbedingungen durch Tarifflucht sind die Folge. Zudem werden die neuen Betreiber „auf Verschleiß“ fahren, da ihre Verpflichtung zeitlich begrenzt ist. Investitionen in die Instandhaltung, ganz zu schweigen von einem Ausbau, lohnen sich für sie nicht. Viele Berlinerinnen und Berliner erinnern sich noch an das „S-Bahn-Chaos“ im Jahr 2009, als Züge nicht gewartet wurden, um die Zahlen für den geplanten Börsengang schönzufrisieren, und dann reihenweise ausfielen. Diesmal könnte es für die Fahrgäste noch schlimmer kommen, denn mit verschiedenen Betreiberfirmen entstehen neue Störpotenziale an den Schnittstellen. Längerfristig führen schlechtere Arbeitsbedingungen zu verstärktem Fachkräftemangel, wie sich jetzt schon in privatisierten Regio-Netzen anderer Bundesländer zeigt.

Um die drohende Katastrophe zu verhindern, hat sich das Aktionsbündnis „Eine S-Bahn für alle“ aus Gewerkschafts- und Parteigliederungen sowie zivilgesellschaftlichen Initiativen gegründet. Mit einer Aufklärungskampagne, Unterschriftensammlungen und Kundgebungen organisiert das Bündnis Widerstand, der immer größer wird. Auch DIE LINKE. Spandau unterstützt Eine S-Bahn für alle. „Mit der Ausschreibung ist der Kampf für einen guten Nahverkehr in Berlin nicht vorbei. Der Senat kann die Ausschreibung bei vergleichsweise geringen Kosten jederzeit zurücknehmen“, so Elias König vom Aktionsbündnis. Danach muss es offene Verhandlungen mit allen Beteiligten über die Zukunft der S-Bahn in einer Hand geben.